Einblicke hinter die Kulissen. Wie genau funktioniert die neue Jennerbahn und inwiefern unterscheidet sie sich technisch von der alten? Diese Fragen wollen wir heute beantworten und Ihnen einen Einblick in die Technik der Jennerbahn geben.

Die alte Talstation war mein Geburtshaus, Kinderzimmer und Spielplatz“, sagt unser stellvertretender Betriebsleiter Max Bosch. Er ist eng verwurzelt mit der Jennerbahn, sein Vater war über drei Jahrzehnte als Betriebsleiter und Vorstand bei der Berchtesgadener Bergbahn AG tätig. So kam Max schon früh mit der Seilbahn in Berührung. Nach Ferienjobs und Wochenendarbeit ist er seit 2006 fest angestellt und seit letztem Jahr stellverstretender Betriebsleiter. Besonders gefällt ihm die Abwechslung zwischen Bürotätigkeiten und der Arbeit im Gelände oder in der Werkstatt.

Max hat sowohl die alte als auch die neue Jennerbahn als Maschinist betreut und dadurch die Veränderungen hautnah mitbekommen. So konnte er uns technische Details im Vergleich mit der alten Bahn verraten.

Die Strecke
Obwohl der Streckenverlauf der beiden Bahnen identisch verläuft, wurde die Anzahl der Stützen stark reduziert. Beim Bau der Jennerbahn 1953 gab es die Vorgabe, dass die Bahntrasse nicht als solche erkennbar sein sollte. Deswegen entschied man sich für niedrige grün angestrichene Stützen. Ebenso musste die Kabinenbergung vom Boden aus möglich sein. Insgesamt gab es 43 Dreibeinstützen. Beim Neubau wurden diese gegen 18 deutlich höhere Rundrohrstützen ersetzt. Diese deutlich geringere Anzahl ist ausreichend, da aufgrund der höheren Bauwerke längere Spannfelder des Seils (Distanz zwischen zwei Stützen) möglich sind.

Der Antrieb
Die Jennerbahn verfügt über zwei Antriebe. Dabei handelt es sich um langsam laufende Drehstrommotoren, deren Antriebswellen mit der Seilscheibe direkt verbunden sind und dadurch ein Getriebe und die damit verbundene, aufwendige Wartung unnötig machen. 

Der Antrieb der Sektion 1 (Talstation – Mittelstation) hat eine Leistung von 590 kW (ca.800 PS), während der Antrieb der Sektion 2 (Mittelstation – Bergstation) eine Leistung von 610 kW (ca. 830PS) aufweist. Damit lässt sich die Jennerbahn bis zu einer Geschwindigkeit von 6m/s (ca. 21km/h) stufenlos beschleunigen. Die alte Bahn hatte im Vergleich dazu eine Leistung von 147kW (ca. 197PS) auf beiden Sektionen und konnte eine maximale Geschwindigkeit von 3m/s erreichen.

Den Leistungsunterschied merkt man vor allem an der Fahrtzeit, so dauerte die Fahrt vom Tal zum Berg 2017 noch ca. 25 Minuten. Heute benötigt man für die gleiche Strecke bei voller Geschwindigkeit nur rund 11 Minuten.

Die Fahrzeuge
Die alte Jennerbahn verfügte über 170 Gondeln und acht Sondergehänge, wie z.B. Drachen-, Transport- oder Arbeitsgehänge. In den Gondeln hatten jeweils zwei Personen Platz, so dass bis zu 480 Personen pro Stunde befördert werden konnten.

Die neue Bahn hingegen verfügt über 60 10er Kabinen, ein Drachengehänge, eine Transportgondel und ein Arbeitsgehänge. Die Gondeln dürfen mit bis zu 800 kg beladen werden, könnten aber laut Max Bosch mindestens die dreifache Last tragen.

Die Klemme und der Stationsdurchlauf
Entgegen mancher Vermutungen bewegen sich die Gondeln bei einer Einseilumlaufbahn wie der Jennerbahn nicht am Seil entlang, sondern werden auf dieses geklemmt.

Jede Klemme verfügt über zwei gewaltige Federn, die dafür sorgen, dass die Gondeln mit ausreichender Kraft auf das Seil gekuppelt werden. Sollte eine der Federn nicht mehr voll funktionsfähig sein, hat die Klemme durch die andere immer noch genügend Halt. Beim Durchlaufen der Station löst sich die Gondel durch einen Kuppelvorgang vom Seil und wird dann von Förderreifen auf einer Laufschiene durch den Stationsumlauf geführt. Im Ausfahrtsbereich wird die Gondel über die Kuppelstelle wieder zurück auf das Seil geklemmt.

Das Seil
Als Namensgeber ist das Seil wohl der wichtigste Bestandteil einer jeden Seilbahn.

Die beiden Seile der Jennerbahn haben einen Durchmesser von 50mm und bestehen aus 216 einzelnen Drähten, welche zu 6 Bündeln, auch Litzen genannt, aus je 36 Drähten gefertigt sind. Damit das Seil zusammenhält wird es auf eine Länge von ca. 70m überlappend verspleißt.  „Das Ganze ähnelt einem geflochtenen Zopf“, erklärt Max Bosch.

Die Sicherheit
Bei jeder Seilbahn steht die Sicherheit der Fahrgäste an erster Stelle. Daher werden sämtliche Bauteile der Jennerbahn monatlich, viele sogar täglich kontrolliert und in regelmäßigen Abständen erneuert. Zusätzlich ist jede Station und die gesamte Strecke mit Überwachungseinrichtungen versehen. Jede Anomalie bewirkt eine Nachregulierung im System oder eine automatische Abschaltung. Dazu ist jede Stütze mit Sensoren ausgestattet, um die Position des Seils zu überwachen. Dadurch würde z.B. im Falle einer drohenden Seilentgleisung die Bahn sofort stehen bleiben. Alternativ haben die Bahnbediensteten am Bahnsteig immer die Möglichkeit, die Bahn per Nothalt auszuschalten. Außerdem werden die Bremsen täglich vor Betriebsbeginn überprüft.

Im Falle eines Antriebsschadens müssen unsere Gäste nicht lange in der Gondel verweilen, denn dann übernimmt der Notantrieb. Dieser wird mit Diesel betrieben, um die Gäste selbst im Falle eines Stromausfalls sicher ins Tal zu bringen.

Der Neubau der Jennerbahn mit seinen technischen Innovationen begeistert und seit der Fertigstellung 2018/19.

Nahezu geräuschlos auf 1.800m in 11 Minuten…

…bis bald am Jenner!